Recherchiert von Michael Keller

1961 Lincoln Continental Sedan


Dieses Auto gilt zu Recht als Meilenstein im US-Design und als Meisterwerk von Elwood Engel. Mit ihm gelang eine radikale Abkehr von den früheren Lincoln-Modellen – und von der Definition eines US-Luxuswagens an sich. Diese waren nicht nur die längsten Serien-PW ihrer Zeit, das Aussehen traf aber den Geschmack der Kunden nicht. Entsprechend waren die Verkäufe…



Ausgehend von einem nicht verwendeten Entwurf für den Thunderbird fuhr Engel den Verbrauch von Chrom pro m2 massiv zurück, verzichtete auf die runden, wulstigen Formen der 50er – und auf Heckflossen. Stattdessen sind sein wesentliches Styling-Element die grossen Flächen und die erstmalige Verwendung von gebogenen Seitenscheiben in einem Serienwagen. Dass weniger Chrom manchmal besser ist als mehr hatte er schon mit dem Continental Mark II gezeigt – mutig war es aber, einen Luxuswagen volle 60 cm kürzer als seinen Vorgänger auf den Markt zu bringen. Trotzdem strahlt er Würde und eine zurückhaltende Eleganz aus.

Der renommierte „Industrial Design Award“ ging also zu Recht an dieses Auto, das heute noch oft gleichgesetzt wird mit Lincoln. Als es erschien war Engel nicht mehr bei Ford beschäftigt. Im gleichen Jahr hatte sich George Walker, FoMoCo Vice President of Design, zur Ruhe gesetzt und ihn zum Nachfolger vorgeschlagen. Gewählt wurde stattdessen Eugene Bordinat. Walker half Engel dabei, den gleichen Posten bei Chrysler zu bekommen. Dort war gerade ein Sündenbock gesucht worden für die katastrophalen Verkäufe. Gefunden wurde der Designchef Virgil Exner, verursacht hatte das Schlamassel allerdings der Vorstand mit seinen irrationalen Vorgaben. Aber das ist eine gaaaaanz andere Geschichte. Wenigstens wissen wir jetzt, warum sich Imperials und Lincoln ab Mitte der 60er so ähnlich sind: Sie stammen aus der gleichen Feder. Der Feder eines Meisters…



Der Lincoln Continental entstand auf den gleichen Bändern im Werk Wixom MI wie der Thunderbird. Unter dem Blech trugen beide die gleiche Struktur, der Lincoln hatte einen etwas längeren Radstand (123 Zoll = 3124 mm). Es gab ihn als viertürigen Hardtop Sedan und ebensolches Convertible, beide mit hinten angeschlagenen hinteren („Selbstmörder“-) Türen. Diese wiederum waren rein praktisch bedingt: Das Layout der Innenausstattung ermöglichte keinen bequemen Ein- und Ausstieg bei normalen Türen. Anders etwa als der andere noch produzierte Luxus-Sedan mit solchen Türen, der Facel-Véga Excellence, hatte der Lincoln aber ein B-Säule die bis auf Höhe der Gürtellinie reichte und Ford die gleichen Flexibilitätsprobleme (öffnende Türen bei Fahrt) ersparten wie dem teuren Franzosen dessen Türschlösser nur am Boden griffen.



Das Convertible hatte ein hydraulisches Verdeck das vom Metalldach des Ford Galaxie 500 Skyliner Retractable abgeleitet war. Nach dem Schliessen braucht es nicht manuell verriegelt zu werden; das übernehmen sich drehende Schrauben in der A-Säule.



Der optionslose Einheitsantrieb bestand aus dem Ford ohv-BB mit hier 430 ci (7046 ccm), verdichtet 10,0 : 1 und mit Carter 4BBL obendrauf. So leistete er 320 HP (236 kW) @ 4600/min. Auch die Kraftübertragung war alternativlos: Der Kunde konnte wählen zwischen der 4-Gang-Automatik und Lenkradschaltung – oder gar nichts.

Lincoln verlangte unbescheidene $6,060 für den Sedan und $6,710 für das Convertible. 25'160 Käufer fanden das angemessen und kauften 22'103 Sedan und 2'857 Convertibles…

Das abgebildete Auto ist ein unrestauriertes Original


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