Recherchiert von Michael Keller
Die Marke Pontiac wird bekanntlich ab dem Jahr 2010 nicht mehr existieren. Ehrlich gesagt: Das ist besser so wenn man sieht, was GM’s sportlichste Division zuletzt „verbrochen“ hat. Damit aber nicht nur Designsünden wie Vibe, Solstice oder Aztec in Erinnerung bleiben wollen wir uns auch an andere Modelle erinnern. Über den Tempest und den legendären GTO haben wir ja separate Berichte
1961-64
1965
1966-67
1968-70
1965 Pontiac Grand Prix (Quelle: How Stuff Works)
Höchste Zeit also, uns auch dem Grand Prix zuzuwenden. Kaum ein Modell hat über einen so langen Zeitraum so unterschiedliche Marktsegmente bedient wie der GP. Daher beschränke ich mich hier auf die Jahrgänge 1972 bis 1987 (1. bis 4. Generation) als typische Vertreter der Personal Luxury Klasse. Für die jüngeren Modelle (W-bodies) gibt es im deutschen Wikipedia einen informativen Artikel (der möglicherweise demnächst um die wichtigen Jahrgänge ergänzt wird.
2004-2007 Pontiac Grand Prix (Quelle: Wikipedia)
1962 Pontiac Grand Prix (Werkbild)
Die Pläne für ein solches Modell gehen auf das Ende der 50er-Jahre zurück. Der bediente Ventura die wachsende Kundschaft, die eines der neuartigen Hardtops mit Einzelsitzen und Mittelkonsole wollten – ein Trend, der Anfang der 60er Jahre praktisch alle PW-Kategorien der USA vom Full Size bis zum Compact (zB Ford Falcon Futura oder Chevy II Nova) erfasste. Marktziel des Grand Prix war dagegen ganz klar, am Erfolg von Ford mit seinem viersitzigen Thunderbird teilzuhaben. Diese Aufgabe erfüllte der GP viele Jahre.
1966 Pontiac Grand Prix
Von der Lancierung 1962 bis zum Ende der 4. Generation (1987) waren alle Grand Prix entweder 2door Hardtops oder Coupés – mit einer Ausnahme: 1967 gab es auch ein Convertible.
Die Markteinführung des Grand Prix erfolgte am 21. September 1961. Er war, ähnlich wie der zuvor genannte Ventura, eine Ausstattungsvariante des Catalina. Anders als bei diesem gab es allerdings keine viertürige Version. Äusserlich unterschied er sich vom Catalina durch eine etwas andere, zurückhaltender eingesetzte Chromzier. Zusammen mit dem Lincoln Continental von 1961 leitete der GP den Trend zu weniger äusserem Chromschmuck ein, was ihm als sportliches Modell ohnehin gut stand. Ein eigener Kühlergrill, eigene Seitengestaltung und eine Chromblende zwischen ebenfalls eigenständigen Schlusslichtern gehörten von Anfang an zum GP. Anders als in späteren Jahren teilte er aber GM’s eigenwilliges Dach, das mit einem Knick im hinteren Teil an ein Convertible-Verdeck erinnern sollte.
1962 Pontiac Grand Prix
Innen gab es erwartungsgemäss Bucket-Sitze und eine Mittelkonsole mit Schalt- oder Wählhebel und einem Ablagefach. Die Sitze waren in Pontiacs „Morrokide“ genanntem Kunstleder gehalten. Hinten gab es eine abklappbare Mittelarmlehne und darüber eine Lautsprecherblende aus der sogar Ton kam wenn man das richtige Kreuzchen im Katalog machte.
1962 Pontiac Grand Prix in Caravan Gold (Code T)
Eingestuft wurde der GP als Full Size oder B-body. In der internen „Hackordnung“ nahm er die Rolle des etwas snobbistischen Sonderlings ein und positionierte sich zwischen Bonneville und Catalina 2door Hardtop.
Weil für das Projekt (wie auch für den GTO) John Z. De Lorean verantwortlich zeichnete – und dieser einen ausgesprochenen Sinn für Leistung und Motorsport hatte, konnte bis 1963 in die „Trickkiste“ von Pontiac greifen. Der grösste dieser „Tricks“ hiess Super Duty 421 und war ein kaum gezähmter Rennwagenmotor. Im GP gab es allerdings nur mit 4 bbl Vergaser. Die 320 Pferdchen gemäss Katalog waren in Wirklichkeit allerdings wesentlich munterer…
Das merkte auch das Fachmagazin “Motor Trend” und stellte fest:
"Style-wise and price-wise it competes directly with the Thunderbird." … "Performance-wise it's in a class by itself."
Sinngemäss: In Bezug auf Styling und Preis konkurrenziert er direkt den Thunderbird … In Bezug auf die Leistung ist er eine Klasse für sich.
Das dürfte sowohl De Lorean wie Chefdesigner Jack Humbert gefreut haben.
Standard-Motorisierung war allerdings der gleiche 389 mit 4 bbl und Doppelauspuff, der auch den Bonneville antrieb. Er leistete 303 HP – aber das konnte geändert werden. Zum Beispiel mit Tri-Power statt 4 bbl (318 HP) oder einer stärkeren Version des 389 mit 333 HP (4 bbl) oder 348 HP (Tri-Power). Dieser letzteren hatten eine „schärfere“ Nockenwelle und eine Verdichtung von 10,75:1 (statt 10,25:1).
Das andere Extrem gab es auch: Obwohl in einem leistungsorientierten Coupé fehl am Platz konnte man den 389er auch mit 2bbl bestellen – aber nur mit Automatik. So leistete er 230 HP bei 4000/min.
Die Grundausstattung umfasste ein 3-Gang-Schaltgetriebe. Das Borg-Warner T-10 Schaltgetriebe mit 4 Gängen kostete gleich viel Aufpreis wie Pontiacs Dreistufenautomatik „Roto Hydramatic“.
Beworben wurde der jüngste Pontiac mit dem Slogan:
"The personally styled car with the power personality. "
(Der persönlich gestylte Wagen mit der Power Persönlichkeit).
1962 Pontiac Grand Prix (Quelle: How Stuff Works)
Mit einem Basispreis von $3,490 war der GP nicht gerade ein Sonderangebot. Er war damit sogar etwas teurer als das Bonneville Two Door Hardtop ($3,349). Gegenüber dem herausgeforderten T-bird war das allerdings ein Kampfpreis – der kostete (allerdings nicht ausstattungsbereinigt) $831 mehr.
Kritikpunkte betrafen hauptsächlich eine zu weiche Federung, eine unglückliche Positionierung des Tourenzählers tief unten auf der Mittelkonsole und die neue Automatik, der zu viel Schlupf und eine unpräzise Führung des Wählhebels nachgesagt wurde.
Armaturenbrett und Konsole des 62er Pontiac GP
Der Trend, der Ford’s neue Formel für den Thunderbird gesetzt hatte, brachte mehr Konkurrenz ins Spiel: Im Segment der „Personal Luxuries tummelten sich, mit teilweise unterschiedlichen Konzepten, nun auch Oldsmobile mit dem Starfire und vor allem Buick mit dem Riviera. Mit 30'195 verkauften GPs war der Start nicht schlecht aber Thunderbird verkaufte derweil 78'011 Stück…
1963
Das Re-Styling aller grossen Pontiac-Modelle machte natürlich auch vor dem Grand Prix nicht halt. Innovativ war das "Coke Bottle" Profil, das bald Nachahmer fand. Die geschwungene A-Säule ("dogleg") war verschwunden und die Doppelscheinwerfer standen nun senkrecht übereinander. Der Kühlergrill war eine Variation der zweigeteilten Ausführung der anderen grossen Pontiacs. Ein charakteristisches GP-Merkmal der nächsten Jahre war das wuchtigere, kantige Dach. Die Heckscheibe wurde sonst nur noch im Olds Starfire verbaut. Dass der teuerste Pontiac am wenigsten Chrom aufzuweisen hatte verlangte ein Umdenken des Käufers. Nur auf den Schwellern, um Radläufe und Dachlinie und am Heck, wiederum mit einer Blende zwischen den Schlusslichtern, gab es Zierteile.
1963 Pontiac Grand Prix mit 389 4 bbl
Innen wurde der GP seinem Luxus-Anspruch wiederum gerecht. Die Konsole lief nun
schräg nach oben ins Armaturenbrett, das mit echtem Walnussholz verziert war.kyped
Armaturenbrett und Konsole des 63er Pontiac GP
Die Zubehörliste erinnert noch sehr an die Sechzigerjahre - und daran wie
selbstverständlich manche Annehmlichkeiten heute geworden sind. So umfasste sie für Pontiac'0s teuerstes Modell Servolenkung und -bremsen, elektrische Fensterheber, einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz, Klimaanlage, Alufelgen mit integrierten Bremstrommeln (8 lugs), Safe-T-Track Differential und neu ein Kurz- und Mittelwellenradio, GMs 7-fach verstellbare Lenksäule und Cruise Control.
1963 Pontiac Grand Prix mit 389 4 bbl
Die Basismotorisierung blieb unverändert. Optional waren 389 Tri-Power (330 HP) und gleich drei Versionen des 421: 4bbl mit 320 HP, 421 Tri-Power mit 350 HP und 421 HO (High Output) mit Tri-Power und 370 HP. Die Auswahl an Getrieben blieb unverändert. Der Basispreis lag bei $3,489. 72'959 Stück wurden verkauft
1964 Pontiac Grand Prix Sport Coupe (Werkbilder)
Im folgenden Jahr gab es nur ein leichtes Re-Styling und auch sonst wenig
Änderungen. Der Basis-389 erhielt in Verbindung mit der Automatik etwas mehr Leistung (306 HP). Das Borg-Warner T-10 Getriebe wurde durch zwei GM-eigene 4-Gang-Getriebe ersetzt: Das Muncie M-20 mit weiter und das M-21 mit enger Abstufung.
1964 Pontiac Grand Prix Sport Coupe mit 389 4bbl
Der Listenpreis betrug $3,499. Die Verkäufe brachen ein, was sicher damit zu tun hatte, dass der GP wenig verändert war. Gleichzeitig hatte sich Konkurrenz etabliert und Thunderbird ein völlig neues Modell aufgelegt. Noch 63'810 GPs fanden einen Käufer.
Innenansicht und 389 4bbl Motor des gleichen 64er
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