Recherchiert von Michael Keller
Die Marke vereinigt französischen Chic mit einem amerikanischen Herz:
Facel Métallon (Forges et Ateliers de Construction d’Eure et Loire) war vor dem WW2 ein ein blechverarbeitender Betrieb dem in den ersten Friedensjahren der Sprung zum Karosseriebauer für kleinere Serien und später zum Bau kompletter Fahrzeuge gelang. Dabei gelang es der Firma, ihren Produkten eine ganz eigene Eleganz mitzugeben, die sie sofort identifizierbar machten. Dazu gehörte der für diese Zeit sehr leicht wirkende Pavillon mit dem gewölbten Dach.
1948 Bentley Mark VI Coupé Facel-Métallon
1953-54 Ford Comète Monte Carlo, aufgebaut auf dem Fahrgestell des Ford Vedette. Dieses Exemplar hat anstelle des eher unsportlichen V8 mit 2,2 Liter V8 einen solchen aus dem Mutterhaus in den USA mit 3.9 Liter und 105 HP @ 3800/min)
Zu den Automobil-Kunden gehörten Ford France (später zu Simca geworden), Panhard und sogar Einzelanfertigungen für Bentley und Delahaye.
Firmeninhaber Jean Daninos war Ingenieur hatte von 1928 bis 1935 bei Citroën gearbeitet. Einen ähnlichen Bentley wie oben karossierte er 1951 für sich selber.
Die Idee, selber Autos zu bauen, kam Daninos als er beobachten musste wie eine der grossen französischen Marken nach der anderen aufgeben musste oder dahinserbelte. Das lag einerseits daran, dass diese vorwiegend Vorkriegstechnik mit einer überaus aufwendig von Hand hergestellten Karosserie verbanden. Das Ergebnis war meist sehr elegant aber auch ein Mehrfaches teurer als ein Qualitätsauto "ab der Stange" wie Mercedes, Jaguar oder Cadillac. Dazu kam eine horrende Luxussteuer für solche Fahrzeuge welche ihnen den überlebenswichtigen Heimmarkt wegnahmen.
In dieses Umfeld ein neues Luxuscoupé zu lancieren war eine mutige Entscheidung. Den Namen "Véga" steuerte Bruder Pierre Daninos bei in Anlehnung an den "Comète" für Ford. Daninos war Präsident der Gesellschaft und Technischer Direktor. Chefkonstrukteur war Jacques Brasseur. Der Geschäftssitz lag n der noblen Avenue George V in Paris.
Das erste Modell, schlicht "FV" genannt, war ein 2+2 Coupé, aufgebaut auf einem Rohrrahmen mit einem Radstand von 2630 mm. Die Länge betrug 4570 mm, die Breite 1760 mm, die Spur vorn 1370 mm und hinten 1380 mm. Typischerweise wog es um 1'600 kg.Lange Zeit galt der Facel-Véga als schnellster Viersitzer der Welt. Mit einem Preis von anfangs US$ 7,525 spielte er allerdings auch in der allerobersten Liga. Seine Konkurrenten hiessen anfangs Bugatti 101, Talbot-Lago Record / Grand Prix, Delahaye 135M, Bentley R-Type Continental und später auch Ferrari 410 Superamerica, Aston-Martin DB 4 GT Zagato, Bristol 405-407, Continental Mark II bis V oder Cadillac Eldorado Brougham.
Eine andere mutige Entscheidung betraf den Motor: Facel kaufte ihn in den USA - schon fast ein Sakrileg im Land der Bugatti, Talbot und Delahaye. Doch Daninos wusste was er tat und überzeugte Skeptiker durch Testfahrten. Fündig war er bei Chrysler geworden und importierte den erst 1952 im DeSoto eingeführten i271,6 ci Hemi-V8 (4528 ccm). Etwas Feintuning steigerte seine Leistung von 160 HP @ 4400/min auf mehr als annehmbare 180. Der Tank fasste 100 Liter, den Verbrauch gab man mit ca. 16-19 Liter/100 km an - etwa im Bereich eines deutlich schwereren US-Autos.Das Auto hatte die übliche 6V Elektrik und ein vollsynchronisiertes 4-Gang Schaltgetriebe des französischen Herstellers Pont-à-Mouisson. Die Spitze lag anfangs bei 190 km/h.
Auch der Innenraum war sehr stilvoll und nahm die Idee des "Personal Luxury" in den USA vorweg. Es gab - natürlich - eine Lederausstattung. Neuartig war die breite Mittelkonsole mit dem Schaltknüppel. Das imposante Armaturenbrett war aus Metall und hatte in der Regel (aber nicht zwingend) eine auflackierte, täuschend echte Holzimitation. Daninos war eben der Meinung, dass ein metallverabeitender Betrieb Metall verwenden sollte wo immer es ging...
Die Produktion des ersten Fahrzeugs begann am 25. Juni 1953, die Auslieferung verzögerte sich jedoch bis Februar 1955. Und bereits im März stand mit dem "FV1" eine leicht überarbeitete Version bereit.
1955 Facel-Véga FV1 - die zweite Ausführung des FV
Nur 47 "FV" und "FV1" wurden gebaut. Im Mai 1955 wurde der "FV2" angekündigt der ab Juli bei den Händlern stand. Er hatte ausser Detailänderungen an der Karosserie nun eine elektrische Anlage mit 12V.
Zu den Kunden von Facel-Véga gehörten u. a. das französische Innen-, Industie- und Kultusministerium (aber nicht der Staatspräsident), ferner König Hassan II von Marokko, der Schah von Persien, Prinz Charles von Belgien, Prinz Saoud von Arabien, der Präsident von Mexiko, der Prinz von Orléans-Bourbon (Familie des letzten französischen Königs), eine stattliche Vertretung des europäischen und arabischen Adels, eine Reihe von Botschaften (nicht nur französische), viele Industrielle, zB der Baron de Dietrich (dessen Familie früher selber Autos baute: de Dietrich und Lorraine-Dietrich; ein früher Angestellter hiess Ettore Bugatti), die Filmregisseure D. Milestone, Julien Duvivier, Louis Malle, François Truffaut, Anatole Litvak, die Schauspieler(innen) Joan Fontaine, Ava Gardner, Jean Marais, Danny Kaye, Sydney Chaplin oder Tony Curtis, die Rennfahrer-Legenden Stirling Moss, Maurice Trintignant und Maurice Gatsonides (Erfinder der Speed-Kamera, Rennwagenbauer und Sieger Rallye Monte Carlo '53 auf Ford Zephyr), die Chrysler Corporation, deren Exportchef M. C.B. Thomas (der verantwortlich war für eine der Chrysler Specials in Kooperation mit Ghia (aber das ist eine gaaanz andere Geschichte und Mr. und Mrs. William Carr (Walter Chryslers Tochter).
25 Vertretungen waren für Facel-Véga in Frankreich zuständig. Die Generalvertretung für Deutschland hatte von 1957 bis 1965 Auto-Becker in Düsseldorf, für die Schweiz die Garage Blanc & Paiche in Genf, für Österreich Denzel in Wien und für die Niederlande Marel's in La Haye (Wassenaar). Weitere Generalvertretungen gab es in GB, B, I, E, P, SV, Marokko und dem Libanon. Und natürlich imn den USA, zuletzt bei Max Hoffman (der auch den Mercedes 300SL als Strassenversion angeregt hat). Er sprang ein nachdem Daimler Benz interveniert hatte als Studebaker sich um die Generalvertretung bemühte; es hatte zu dieser Zeit bereits jene von Mercedes. Dass das auch bei Hoffman der Fall war störte offenbar weniger...
Prospekt-Cover des HK500. Satory hatte vor Hoffman die US-Generalvertretung (1958-59) |
Das erfolgreichste Modell der ersten Generation der V8-Coupés war der HK 500, gebaut in drei Serien (HK, HK1 und HK2) von 1958 bis 1961. Der Name leitete sich übrigens von einer Eigenschaft ab: 5 horse/Kilo oder 5 PS/kg Leistungsgewicht...
Optisch tat sich wenig doch die meisten HK500 sind erkenntlich an der Front mit Doppelscheinwerfern. Weil diese nicht sofort ih allen Staaten zugelassen waren - oder weil sie dem Kunden nicht gefielen - erhielten einige Exemplare an deren Stelle Positionslampen oder Blinker. Standard waren Stahlscheibenräder mit verschiedenen Radkappen. Alternativ waren auch Speichenradattrappen oder echte Borrani Speichenfelgen mit Zentralverschluss (dh Flügelmutter) zu haben. Sehr willkommn waren angesichts der brachialen Leistung die 1959 nachgeschobenen Scheibenbremsen.
Einer der letzten: 1961 Facel-Véga HK500 (HK1)
Holzimitation wurde in den meisten HK500 auf das Armaturen-"Blech" appliziert. |
Fahrgestell eines HK500
Gleichzeitig mit dem HK500 gelangte ab Mai 1958 der erste Viertürer von Facel-Véga in den Verkauf. Vorgestellt am Pariser Salon 1956
Der Excellence wurde in drei Serien (EX, EX1, EX2) bis 1961 gebaut. Er war vom HK500 abgeleitet und hatte von diesem Kühlermaske und Armaturenbrett. Der Radstand betrug aber 3170 mm gegenüber den 2660 des Coupés was eine Länge von 5235 mm (Coupé 4590 mm) ergab. Auf den Betrachter wirkte das Auto aber weit grösser. 5 Personen reisten darin sehr komfortabel, 4 wie Fürsten.
1957 Facel-Véga Excellence EX1 # EX1 B 019. Nur die allerersten Exemplare hatten den echten Lufteinlass auf der Motorhaube wie der HK500. |
Das Heck war wesentlich moderner gestaltet mit angedeuteten Heckflossen und Leuchten in einem Zierpaneel die an zeitgenössische Lincoln erinnerten. An der Flanke brach ein Zierelement die gerade, harmonische Linienführung auf der Höhe der hinteren Türe.
Mit dem Excellence kam erstmals die Abkehr vom gerundeten Dach, einem Markenzeichen von Facel. Die Dachlinie des als Hardtop ausgelegten Sedan erinnerte etwas an Lincoln aus dieser Zeit. Wie der Cadillac Eldorado Brougham hatte er hinten angeschlagene hintere Türen. Wahrscheinlich war der Grund der selbe wie beim Cadillac: Im Fond war die Sitzposition ungünstig für normale Türen. Während diese beim Cadillac in einer auf Gürtellinie verkürzten B-Säule einrasteten hatte Facel den Ehrgeiz einer eleganteren Lösung: Wie einige Carossiers der 20er und 30er Jahre verzichtete man ganz auf die B-Säule, d.h. die Verriegelung der rahmenlosen Türen musste im Schweller erfolgen. Damit handelte sich Facel etliche Schwierigkeiten ein: Hardtps, generell viertürige, neigen ohnehin schon zu Karosserieverwindungen und erfordern speziell steife Rahmen (der grund, warum viele US-Hardtops auf Convertible-Rahmen mit zusätzlicher X-Traverse aufgebaut waren).
1960 Facel-Véga Excellence
In harmloseren Fällen ächzte der Excellence in Kurven, im Extremfall flogen bei Fahrt Türen auf. Facel bekam das Problem in den Griff aber ein erster Makel haftete nun auf der Marke...
Mit dem Excellence brachte Facel es endlich fertig, den Tankstutzen zugänglich zu machen ohne den Kofferraum öffnen zu müssen: Er sass hinter einer abschliessbaren Klappe nahe der Heckscheibe - und er fasste 140 Liter! Die Grundausstattung umfasste rundum getönte Scheiben, elektrische Fensterheber, für die Fond-Passagiere zwei Ausziehtischchen (ich nehme an, auch aus Blech) und ein Makeup-Spiegel in einem ausziehbaren Kästchen in den vorderen Rücklehnen und englisches Leder für Sitze und Türverkleidungen. Der Kunde hatteauch hier die Wahl zwischen TorqueFlite von Chrysler und Schaltgetriebe von Pont-à-Mousson.
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