Recherchiert von Michael Keller
1954 übernahm das Traditionsunternehmen Packard die weitaus grössere Firma Studebaker und formierte die Studebaker-Packard Corporation. Bis 1956 fertigte diese - neben einer Unmenge Rüstungsgüter - Studebaker PW und Trucks, Packard PW und - nur 1956 - den Clipper PW. Ausserdem hatte sie zu dieser Zeit den Alleinvertrieb von Mercedes-Benz in den USA und ganz kurz auch den von Facel-Véga.
Diese Übernahme war schlecht vorbereitet. Erst hinterher zeigte sich, wie marode Studebaker tatsächlich war. Im Juni 1956 war der Konzern pleite. Der einzig mögliche Deal um einen Totalverlust zu vermeiden war die Übernahme durch den Rüstungskonzern Curtiss-Wright.
Diese waren auf der Suche nach einem Abschreibungsobjekt aus Steuergründen - und nutzten die Chance, einen lästigen Rivalen im Rüstungsbereich (vor allem Flugzeugmotoren) auszuschalten.
S-P seinerseits verkaufte seine Seele im Gegenzug für Arbeitskapital.
Die Folgen waren gravierend: Die Packard-Produktionsanlagen am East Grand Boulevard in Detroit, bezogen 1904 und das älteste Industriegebäude aus armiertem Beton der USA (Architekt: Albert Kahn) wurden aufgegeben (heute noch eine gern fotografierte Industrieruine). Packards für 1957 basierten auf Studebaker. Es gab nur noch einen Packard Clipper Town Sedan (4dr Sedan) und Country Sedan (4dr Station Wagon) mit 289 ci und McCullough-Zentrifugalkompressor, der Studebaker-Topmotorisierung dieses Jahres mit 275 HP (exakt so viel wie Clipper Custom / Packard Executive des Vorjahres). Weil die "Packardbaker" wesentlich leichter waren als die 56 Packard / Clipper hatten sie (noch) bessere Fahrleistungen. Und weil der Stude-Smallblock an sich schon deutlich leichter war als der Packard-Brocken (352 und 374 ci; konstruiert bis 500 ci) war auch die Fahreigenschaften überlegen, vor allem wenn das 1956 eingeführte Sperrdiff geordert wurde. Allerdings war ein solcher Clipper für den früheren Käufer eines Executive, Patrician Sedan, Four Hundred Hardtop oder gar Caribbean Convertible und Hardtop keine Alternative. Diese Käufer wandten sich künftig an Cadillac, Lincoln oder Imperial.
1958 Packard Hawk Sport Coupe. Das Armaturenbrett entspricht dem Studebaker Golden Hawk. Die Instrumentierung umfasst auch eine Druckkontrolle für den Kompressor |
Das wurde 1958 nicht besser. Für Studebaker war es ein Jahr des Facelifts. Wie sehr Packard zum ungeliebten Anhängsel geworden war zeigt sich aus der zwar breiteren aber noch liebloseren Modellpallette: Mit etwas Fiberglas wurden die Studebaker zu Packard umstilisiert. Neu gab es den Packard Sedan (58L-J8), 2dr Sport Coupe (Hardtop; 58L-Y8), Station Wagon (58L-P8) und Hawk (58LS-K9). Der Kompressor war nur noch beim Hawk Standard. Somit sank die Leistung der anderen Modelle auf 225 HP.
1958 Studebaker Silver Hawk (mit B-Säule) und Golden Hawk Sport Coupe (Hardtop) |
Der seltenste mit nur 159 gebauten Exemplaren war der Station Wagon. Nicht wesentlich verbreiteter war das Topmodell Hawk mit gerade mal 588 Verkäufen. Dies war wenig verwunderlich. Für $3,995 erhielt der Käufer ein Hardtop Coupé, das auf den ersten Blick als Klon des Studebaker Golden Hawk erkenntlich war. Während aber dieser ein ausgewogenes, elegantes Design von Raymond Loewy trug bot der Packard die exakt gleiche Ausstattung (Leder Standard) und, naja, "spezielle" Designelemente. Die Front hatte praktisch keinen Chrom (1958!!!) und war zur Stosstange heruntergezogen wo sie sich sich zu einem "Staubsauger-Maul" öffnete. Dafür zierte die Motorhaube ein falscher Lufteinlass und die Kotflügelspitzen ein eigenartiges Begrenzungslicht. Der Kofferdeckel erhielt einen eingeprägten "Toilettensitz" à la Imperial. An den Türen unter den Scheiben war eine Kunstlederaufnahme eingearbeitet welche das Abstützen der Ellenbogens bei geöffnetem Fenster bequemer machen sollte. Die Heckflossen waren goldfarben abgesetzt. Ein wesentlicher Unterschied zum Golden Hawk: Der war mit $3,282 über $700 günstiger. Den Silver Hawk gab es sogar schon ab $2,353.
1958 Packard Hawk Sport Coupe# 58LS1537
Es hat den Anschein, dass die einzige Existenzberechtigung der 58er Packard darin bestand, die werksauslastung im stammwerk South Bend IN etwas zu verbessern. 1959 war der neue kompakte Studebaker Lark fertig. Für ihn wurden die Kapazitäten des Packard benötigt und dieser samng- und klanglos eingestellt.
Studebaker oder Curtiss-Wright allein die Schuld am Niedergang von Packard zu geben wäre wohl trotzdem verfehlt. Selbst Packards krasser Managementfehler, die Bücher des Übernahmekandidfaten nicht genau genug geprüft zu haben, hat das Ende nur beschleunigt. Nachdem eine geplante Fusion mit AMC schon früher nicht zustande gekommen war blieb Studebaker die einzige Möglichkeit. Ein Alleingang wäre für Packard genauso tödlich gewesen weil dazu schlicht die Grösse fehlte...
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